OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.10.2018 – I-3 Sa 1/18
Zentrale Norm: Artikel 13 EuErbVO
(Zuständigkeit für die Entgegennahme von Erklärungen nach Artikel 13 EuErbVO)
Anmerkung:
1. In internationalen Erbfällen (hier: in Spanien verstorbener Erblasser) ist für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung neben dem nach dem Erbstatut vorgesehenen Gericht das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2. Artikel 13 EuErbVO ist dahin auszulegen, dass eine gegenüber einem ausländischen Gericht abgegebene Erklärung eine nach dem Erbstatut vor einem inländischen (Nachlass-)Gericht abzugebende Erklärung als gleichwertig ersetzt.
Aus den Gründen:
II.
6 Der Senat ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 FamFG zur Bestimmung des zuständigen Nachlassgerichts berufen, nachdem sich das Amtsgericht Leer mit Beschluss vom 26. Juni 2018 rechtskräftig für unzuständig erklärt und das Amtsgericht Ratingen durch Verfügung vom 5. Juli 2018 die Übernahme der Sache abgelehnt hat. Die Verfügung des Amtsgerichts Ratingen genügt den Anforderungen an das Merkmal „rechtskräftig“ im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, weil es insoweit allein darauf ankommt, dass – wie hier – eine den Beteiligten bekannt gemachte ausdrückliche Kompetenzleugnung vorliegt (Senat NJW-RR 2013, 520; OLG Brandenburg FamRZ 2011, 56). Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Düsseldorf für die Zuständigkeitsbestimmung ergibt sich aus § 5 Abs. 2 FamFG. Nachdem das nächsthöhere gemeinsame Gericht der Bundesgerichtshof ist, wird die Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht vorgenommen, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasst Gericht gehört. Das ist hier das Oberlandesgericht Düsseldorf, weil die Ausschlagungserklärung zuerst beim Amtsgericht Ratingen eingegangen ist.
*Die Zuständigkeit nach Art. 13 EuErbVO beschränkt sich nicht auf die Protokollierung der Ausschlagungserklärung, sondern hat zur Folge, dass die Erklärung gegenüber dem nach dem Erbstatut vorgesehenen Gericht ersetzt wird
7 Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Leer für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung folgt aus Art. 13 EuErbVO, § 31 S. 1 IntErbRVG. Art. 13 EuErbVO begründet eine konkurrierende Sonderzuständigkeit der Gerichte des Mitgliedsstaats, in dem eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, für die Annahme der Ausschlagung einer Erbschaft. Dabei beschränkt sich die Zuständigkeit nach Art. 13 EuErbVO nicht lediglich auf die Protokollierung der Erklärung. Vielmehr soll die Ausschlagung einer Erbschaft in internationalen Erbfällen erleichtert werden, indem dem Ausschlagenden die Erklärung gegenüber den Gerichten seines Aufenthaltsstaates ermöglicht wird. Eine Erklärung gegenüber diesem Gericht ersetzt dabei eine Erklärung gegenüber dem nach dem Erbstatut vorgesehenen Gericht (vgl. Dutta, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, EuErbVO Art. 13 Rn. 1; Leipold ZEV 2015, 553). Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Leer ergibt sich aus § 31 S. 1 IntErbRVG. Danach ist für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ein Verweisungsbeschluss hat ausnahmsweise keine Bindungswirkung, wenn er unter Versagung des rechtlichen Gehörs ergangen ist.
8 Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Leer vom 26.Juni 2018 entfaltet keine Bindungswirkung (§ 3 Abs. 3 S. 2 FamFG), durch die eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Remscheid [gemeint ist wohl Ratingen, Anm. d. Schriftltg.] begründet worden wäre. Zwar ist ein Verweisungsbeschluss grundsätzlich für das als zuständig bezeichnete Gericht bindend, § 3 Abs. 3 S. 2 FamFG. Die Bindungswirkung entfällt jedoch, wenn die Verweisung unter Versagung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ergangen ist, d. h. das Gericht den bekannten Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung entgegen § 3 Abs. 1 S. 2 FamFG keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (Keidel, FamFG, 17. Auflage, § 3 Rn. 37 b). Das ist hier der Fall, weil das Amtsgericht Leer die Beteiligte vor Erlass des Verweisungsbeschlusses nicht angehört hat. Die nachträgliche Abgabenachricht ist insoweit nicht ausreichend, so dass der Verweisungsbeschluss keine Bindungswirkung entfaltet.
III.
9 Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst.