Wie wird ein US-Trust im deutschen Nachlassverfahren behandelt?
Die Form des US-amerikanischen Trust ist dem deutschen Recht unbekannt. Vor diesem Hintergrund stellen sich Fragen aller Art. Wie wird ein Trust im deutschen Nachlassverfahren behandelt? Wie werden die beteiligten Personen qualifiziert? Welche Schritte müssen unternommen werden, um an das Trust-Vermögen zu kommen? Diese Fragen sollen hier beantwortet werden.
Was ist ein Trust?
Ein Trust ist die Abspaltung eines Sondervermögens, das einem Verwalter übertragen wird und einem Begünstigten zugute kommen soll. Es ist ein treuhänderisches Rechtsverhältnis, bei dem der Treuhänder/Verwalter über das Vermögen verfügt. Er tritt gegenüber der Außenwelt als Verwalter auf, ist jedoch im Innenverhältnis an die Rechte und Pflichten gebunden, die ihm der Errichter des Trust gewährt.
Dabei müssen mit dem Trust keine gemeinnützigen Zwecke verfolgt werden. Vielmehr kann der Trust auch privaten Interessen dienen. Die Person, die den Trust errichtet, nennt man „Trustor“ oder auch „Settlor“. Der Verwalter ist der „Trustee“ und der Begünstigte der „Beneficiary“. Nicht immer ist ein Trust in einer Dreierkonstellation gestaltet, etwa der Trustee und der Beneficiary können auch dieselbe Person sein.
Trusts kommen in vielen Erscheinungen vor. So gibt es zum Beispiel amerikanische und angelsächsische Trusts. In diesem Artikel wird der amerikanische Trust behandelt und dabei der Fokus auf den Trust gelegt, der durch Testament errichtet wurde („testamentary trust“).
Wie funktioniert ein testamentary trust?
Ein testamentary trust wird durch Testament errichtet. Das heißt, die üblichen Anordnungen und Voraussetzungen für die Errichtung eines Trusts werden im letzten Willen getroffen. Welche Anforderungen an die Wirksamkeit eines Trusts zu stellen sind, richtet sich nach dem Recht des jeweiligen amerikanischen Bundesstaates. Im Allgemeinen braucht es für die Errichtung eines Trusts eine Errichtungsurkunde („trust deed / declaration of trust“). Bei einem testamantory trust fallen das Testament und die Errichtungsurkunde zusammen, so dass sie ein Dokument darstellen. Daher muss der Nachlasstrust durch den Trustor in Schriftform errichtet und notariell beglaubigt („notarized“) werden.
Wird ein Trust errichtet, wird er Sondervermögen und ist nicht Teil des persönlichen Vermögens des Trustees. Daher können Gläubiger auch nicht in den Trust vollstrecken, wenn der Trustee Schuldner ist. Durch einen Trust kann ein Vermögen über längere Zeit für einen Beneficiary gesichert werden. Während dieser Zeit können bei einem testamentary trust Kosten durch die Aufsicht eines Nachlassgerichts („probate court“) anfallen.
Etwas anderes gilt bei einem „living trust“. Bei diesem setzt sich der Trustor zu Lebzeiten selbst als Trustee ein. Damit wird es aus US-amerikanischer Sicht Sondervermögen und nicht Teil des Nachlasses. Dies hat den Vorteil, dass das Trust-Vermögen nicht dem amerikanischen Nachlassverfahren unterfällt, sondern am Nachlass vorbei auf die im Trust als nach dem Tod des Settlors benannten Beneficiaries zu übertragen ist.
Wie werden ein Trust und die beteiligten Personen in Deutschland behandelt?
Ein Trust ist in Deutschland in seiner Behandlung anders. In einer Entscheidung hat das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 03.04.2012 - 1 W 557/11) sich zur Charakterisierung eines Trust nach deutschem Sachenrecht geäußert.
Nach Auffassung der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung in der Literatur kann an Vermögen in Deutschland kein Trust bestehen. In Deutschland gilt, dass es kein gespaltenes Eigentum geben kann. Gerade dies bestünde aber nach der gewöhnlichen Konstellation von Trusts. Danach kann der Trustee gegenüber anderen im Rahmen seiner Befugnisse über das Vermögen in eigener Person verfügen. Der Beneficiary ist aber derjenige, dem später das Eigentum zuteil werden soll. Insofern liege nach Ansicht des Berliner Kammergerichts eine „gespaltene Rechtspersönlichkeit“ vor, die verboten ist.
Also muss eine Umdeutung (§ 140 BGB) vorgenommen werden. Dieses Gesetz dient dazu, nichtige Rechtsgeschäfte zu „retten“. Man schaut auf den Willen desjenigen, der das Rechtsgeschäft durchgeführt hat und fragt, was er wirklich wollte. Und wenn dann der wirkliche Wille einem anderen und möglichen Rechtsgeschäft entspricht, wird dieses auf die vorliegende Konstellation angewendet.
Die Rolle des Trustees und seiner Vertreter kann in die Rolle eines Testamentsvollstreckers umgedeutet werden. Dagegen sind die Beneficiaries im Regelfall als Erben anzusehen, da ihnen das Vermögen wirtschaftlich gebührt.
Dies betrifft jedoch nur den Regelfall. In einigen Konstellationen kann es Abweichungen geben, etwa wenn der Trustee gleichzeitig einer der Begünstigten ist. Unter Umständen kann die Gestaltung des Trusts aber auch in eine Vor- und Nacherbschaft umgedeutet werden, wenn der Beneficiary später von anderen Begünstigten abgelöst werden soll.
Wie läuft das Verfahren ab?
In Deutschland wird in vielen Fällen ein Erbschein erforderlich sein, etwa wenn Immobilien in Deutschland im Wege eines testamentary trusts vererbt wurden. Auch werden Banken in Deutschland die Erbfolge und die Berechtigung an Konten und Depots bei einer Verfügung im Wege eines US-Trusts nicht ohne weiteres prüfen können und eine Verfügung wegen der Unsicherheit bzgl. der Rechtslage nicht zulassen, wenn nicht gleichzeitig eine Bankvollmacht vorliegt.
Auch wenn der Erblasser amerikanischer Staatsbürger war und seinen letzten Wohnsitz in den USA hatte, kann in Deutschland ein Erbschein beantragt werden. Dies ergibt sich aus Art. 64 in Verbindung mit Art. 10 der EU-Erbrechtsverordnung.
Der Erbschein ist in §§ 2353 ff. BGB geregelt. Wenn nur ein Teil des Vermögens in Deutschland liegt, kann ein beschränkter Erbschein (§ 352c Absatz 1 FamFG) beantragt werden. Dieser gilt dann nur für dieses Vermögen.
Der Erbscheinantrag muss nicht durch den Erben selbst erfolgen. Er kann sich dabei vertreten lassen, zum Beispiel durch einen Rechtsanwalt. Das zuständige Gericht wird grundsätzlich nach dem letzten Wohnsitz oder letzten Aufenthalts des Erblassers ermittelt. Fehlt es an beidem, ist jedes Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich der Nachlass befindet, § 343 Absatz 3 FamFG.
Nach § 352 Absatz 3 Satz 3 FamFG kann das Gericht zu bestimmten Angaben im Antrag eine eidesstattliche Versicherung verlangen. Dies muss der Erbe selbst tun, eine Vertretung ist unzulässig. Da die eidesstattliche Versicherung jedoch grundsätzlich vor einem deutschen Gericht oder Notar abzugeben ist, stellt sich die Frage, ob auch ausländische deutsche Stellen diese Versicherungen entgegen nehmen können.
Im vorher zitierten Verfahren hat sich das Berliner Kammergericht genau dazu geäußert.
„Nachweis:
Faktisch erweist sich […] die Pflicht des § 2376 Abs. 2 BGB, bestimmte Angaben durch eidesstattliche Versicherung nachzuweisen, als Formvorschrift, so dass der Antrag in der Regel zur Niederschrift eines Notars oder des Gerichts gestellt wird. Der Inhalt des Antrages ergibt sich aus §§ 2354, 2355, 2357 BGB. In diesem Zusammenhang sind gemäß § 1 Abs. 2 BeurkG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr.1 KonsG Konsularbeamte befugt, eidesstattliche Versicherungen gemäß § 10 Abs. 2 KonsG zu beurkunden (Strübing, ZErb 2008, 178, 187; vgl. zusammenfassend Bindseil, DNotZ 1993, 5 ff ). Insoweit hat das Amtsgericht auch keine Beanstandungen erhoben; vielmehr hat es die vorgelegte mit einer Apostille versehene Testamentskopie nicht als ausreichend erachtet.“
Daraus ergibt sich, dass Versicherungen an Eides statt auch vor einem deutschen Konsulat im Ausland abgegeben werden können. Dass dies auch für Erklärungen an Eides statt gilt, die abgegeben werden, um einen Erbschein zu erhalten, stellt § 12 Nr. 2 Variante 1 KonsG klar. Eine Übersicht zu deutschen Konsulaten in den USA gibt es hier.
Problematisch ist, dass grundsätzlich nur Konsularbeamte diese Erklärung abnehmen können, wenn sie die Befähigung zum Richteramt haben, § 19 Absatz 1 KonsG. Haben sie das nicht, müssen sie vom Auswärtigen Amt dazu besonders ermächtigt werden, § 19 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 KonsG. Daher ist stets darauf zu achten, dass das Gegenüber auch zur Wahrnehmung der Tätigkeit befugt ist.
Im vorangegangenen Verfahren schien es dem Amtsgericht schwierig, die Echtheit der vorgelegten Schriftstücke zu bestätigen. Vor dem Konsularbeamten können daher ggf. auch die Schriftstücke legalisiert werden. Die Legalisation ist in § 13 KonsG geregelt und bewirkt nach Absatz 2 die Bestätigung der Echtheit der vorgelegten Schriftstücke.
Die Kosten für die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung vor einem Konsularbeamten bemessen sich nach § 25 KonsG in Verbindung mit § 1 AKostG, § 1 AKostV und Anlage 1 zu § 1 AKostV Nr. 160.2 und werden nach dem Nachlasswert ermittelt.
Die Kosten für die Legalisation von Schriftstücken bemessen sich nach § 25 KonsG in Verbindung mit § 1 AKostG, § 1 AKostV und Anlage 1 zu § 1 AKostV Nr. 230 ff. und können zwischen 25 Euro und 85 Euro betragen.
Wird aufgrund des Trusts im Erbschein eine Beschränkung des Erben vermerkt?
Der Trustee wird in vielen Fällen als Testamentsvollstrecker angesehen werden können. Eine solche Beschränkung wäre im Erbschein zu vermerken, § 352b FamFG.
Dies gilt jedoch nicht für die Fälle, in denen lediglich eine beaufsichtigende Testamentsvollstreckung (§ 2208 Absatz 2 BGB) angeordnet wurde. Das OLG Köln argumentierte, die Testamentsvollstreckung müsse nur dann in dem Erbschein vermerkt werden, wenn die Erben durch die Testamentsvollstreckung in ihrer Verfügungsmacht über den Nachlass beschränkt werden sollen.
Im dort verhandelten Fall hatte der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet. Diese schränkte er aber selbst ein. Er erklärte, dass die Aufgabe des Testamentsvollstreckers nur in der Überwachung der letztwilligen Anordnung, nicht aber in der laufenden Verwaltung des Nachlasses bestehen sollte.
Für die Frage, ob der Trustee als Testamentsvollstrecker im Erbschein vermerkt werden muss, wird es also regelmäßig auf die konkrete Ausgestaltung des Trusts ankommen. Wollte der Erblasser dem Trustee Verfügungsgewalt einräumen oder sollte er lediglich die Abwicklung des Trust überwachen? Konkret lässt sich das auch an der Frage festmachen, ob der Trustee Entscheidungsspielräume hat, etwa wann er den Trust auszahlt.
Kann der Trustee ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen?
Bei dieser Frage kommt es wieder auf die konkrete Rolle des Trustees an. Wie oben dargestellt, wird seine Tätigkeit regelmäßig mit der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers vergleichbar sein.
Grundvoraussetzung ist, dass der Trustee sein Amt annimmt, § 2202 Absatz 1 BGB. Dies muss er gemäß § 2202 Abs. 2 Satz 1 BGB vor dem Nachlassgericht tun. Auch eine schriftliche Erklärung der Annahme ist zulässig. Wurde die Annahme erklärt, kann der Trustee dann ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen.
Ab hier gelten die Ausführungen zur Beantragung eines Erbscheins entsprechend, § 354 Absatz 1 FamFG. Das heißt,
- das zuständige Gericht ist dasjenige, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte oder sich der Nachlass befindet.
- Verlangt das Gericht eine eidesstattliche Versicherung, kann diese auch bei einem deutschen Konsulat abgegeben werden.
Da die Befugnisse eines Testamentsvollstreckers in Deutschland gewöhnlich weitreichend sind, wird die Gesetzeslage in Deutschland häufig nicht dem dem Willen des Trustors entsprechen. Beschränkungen der Befugnisse des Testamentsvollstreckers/Trustees sind dann im Testamentsvollstreckerzeugnis zu vermerken, § 354 Absatz 2 Alternative 1 FamFG.
Zusammenfassung
Die Beurteilung eines Trusts nach deutschem Erb- und Sachenrecht ist komplex. Daher sollen hier kurz die wesentlichen Punkte dargestellt werden.
Grundsätzlich
- Ein Trust wird in Deutschland umgedeutet
- Der Trustee wird in vielen Fällen als Testamentsvollstrecker und der Beneficiary als Erbe angesehen.
- Abweichungen sind möglich!
Erbscheinerteilungsverfahren
- Der Beneficiary kann einen Erbschein beantragen und sich dabei vertreten lassen
- Eine Versicherung an Eides statt kann auch vor einem deutschen Konsulat im Ausland erklärt werden
- Das Konsulat kann ausländische Schriftstücke legalisieren
- Ob ein Trustee als Testamentsvollstrecker im Erbschein aufzunehmen ist, hängt davon ab, ob er die Verfügungsgewalt oder nur eine beaufsichtigende Rolle inne hat.
- Unter Umständen kann der Trustee ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen