Muss die Erbschaft angenommen werden?
Anders als nach deutschem Recht geht im österreichischen Erbrecht der Nachlass einer Person nicht schon kraft Gesetzes automatisch mit dem Erbfall auf den oder die Erben über. Stattdessen vollzieht sich der Erwerb grds. in drei Stufen:
Stufe 1: Der Erbanfall
Zunächst erfolgt der Erbanfall mit dem Tod Erblassers. Dadurch wird das subjektive Erbrecht erworben (§ 536 ABGB); Stirbt ein Erbe nach dem Erbanfall, aber vor der Übergabe des Besitzes (Einantwortung), so geht sein Erbrecht auf seine (gesetzlichen oder gewillkürten) Erben über, vgl. §§ 537, 809 ABGB.
Stufe 2: Verlassenschaftsabhandlung
Der Erbfall berechtigt die Erben aber nicht zur Inbesitznahme der Erbschaft. Verfahrensrechtlich muss zunächst die gerichtliche Verlassenschaftsabhandlung erfolgen.
Der Erbe muss die Annahme der Erbschaft erklären (Erbantrittserklärung): erforderlich ist eine ausdrückliche Annahme gem. §§ 799 f. ABGB. Aber auch hierdurch wird der Erbe noch nicht Nachfolger des Erblassers. Dies bewirkt erst die gerichtliche Einantwortung des Nachlasses nach §§ 547, 797 I 2 ABGB. Erst durch die Rechtskraft der Einantwortung wird der Erbe Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Anders als der Erbschein in Deutschland hat die gerichtliche Einantwortung nach österreichischem Recht nicht bloß bestätigende Bedeutung für den Erwerb der Erbschaft, vielmehr ist sie eine notwendige Bedingung. Zwischen Erbfall und Einantwortung bildet der Nachlass eine eigene Rechtsperson mit Rechten und Pflichten ( „ruhender Nachlass“), § 546 ABGB.
Annahme der Erbschaft
Zur Annahme muss der Erbe zum einen seinen Berufungsgrund hinreichend nachweisen und ausdrücklich erklären, die Erbschaft anzutreten. Die Annahme oder Erbantrittserklärung muss zugleich enthalten, ob sie beschränkt oder unbeschränkt, erfolgt. Die Erbantrittserklärung hat schriftlich oder mündlich zu Protokoll mit eigenhändiger Unterschrift zu erfolgen (§ 159 III AußStrG).
Sie ist unwiderruflich und kann nicht nachträglich in eine bedingte Erbantrittserklärung abgeändert werden. Nach der Rspr. ist eine Anfechtung wegen Irrtums ausgeschlossen.
Wird keine Erklärung abgegeben, so liegt hierin ohne weiteres noch keine stillschweigende Erbausschlagung. Die betreffende Person ist jedoch gem. § 157 II, III AußStrG am weiteren Verfahren nicht mehr zu beteiligen, solange sie die Erklärung nicht nachholt.
Ausschlagung der Erbschaft
Für die Erbausschlagung (§ 805 ABGB) gelten die Regeln über die Erbantrittserklärung entsprechend; sie ist somit ebenfalls gem. § 806 ABGB unwiderruflich. Eine Anfechtung wegen Willensmangels, auch wegen Irrtums, wird hier aber von der Rspr. zugelassen. Durch die Ausschlagung gilt die Erbschaft dem Ausschlagenden gegenüber als nicht angefallen, was im Zweifel auch auf für dessen Nachkommen gilt (§ 758 II 2 ABGB).
Stufe 3: Der Erwerb
Erst durch die Einantwortung wird der Erbteil erworben. Vorher darf der Erbe die Erbschaft nicht in Besitz nehmen, § 791 AGBGB. Für weitere Fragen steht Ihnen Ihr Fachanwalt für Erbrecht in Düsseldorf und Krefeld Dr. Michael Gottschalk zur Verfügung.
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