Widerruf einer Schenkung
Immer häufiger vollzieht ein Erblasser frühzeitig Schenkungen über sein Vermögen. Dies ist eine der besten Optionen, um Pflichtteilsansprüche zu reduzieren und die Verfügungsfreiheit über sein Vermögen zu bewahren. Jedoch bleibt der Erblasser nicht immer zufrieden mit seiner Schenkungsentscheidung. Teilweise wünscht sich der Erblasser den Schenkungsgegenstand zurück oder ist mit der beschenkten Person unzufrieden und wünscht sich aus diesen Gründen, die Schenkung rückgängig zu machen.
Aus welchen Gründen kann ich meine Schenkung widerrufen?
In Bezug auf die Widerrufsgründe einer Schenkung ist zwischen vertraglichen und gesetzlichen Widerrufsgründen zu unterscheiden. Es ist zunächst zu überprüfen, ob der jeweilig geschlossene Schenkungsvertrag etwaige Widerrufsklauseln vorsieht.
Beispiele für ein Rückforderungsrecht im Schenkungsvertrag sind:
- Scheidung der Ehe des Beschenkten, ohne dass ein entsprechender Ehevertrag vorliegt, der sicherstellt, dass das geschenkte Vermögen beim Zugewinnausgleich berücksichtigt wird.
- Der Beschenkte verstirbt vor dem Schenker und wird nicht von Abkömmlingen beerbt.
- Ohne Zustimmung des Schenkers wird die beschenkte Immobilie verkauft oder beliehen.
- Privatinsolvenz oder Zwangsvollstreckung in das geschenkte Vermögen.
- Verhalten des Beschenkten, das eine Pflichtteilsentziehung rechtfertigen würde.
- Der Schenker kann seinen angemessenen Unterhalt im gewohnten Lebensstandard nicht mehr finanzieren.
Greifen keine vertraglichen Widerrufsgründe, ist auf die gesetzlichen zurückzugreifen.
1. Grober Undank des Beschenkten
Der grobe Undank ist wohl einer der wichtigsten gesetzlichen Widerrufsgründe. Dieser Grund ist in § 530 Abs. 1 BGB niedergeschrieben. Im gerichtlichen Streitfall wird grober Undank angenommen, wenn der Beschenkte „durch eine gegen den Schenker gerichtete schwere Verfehlung eine undankbare Gesinnung offenbart.“ Diese Verfehlung muss vorsätzlich und moralisch vorwerfbar sein.
Grober Undank wird unter anderem angenommen bei:
- Bedrohung des Lebens
- Schwere körperliche Misshandlungen
- Grundlose Strafanzeigen
- Grundlose Entmündigungs- oder Pflegschaftsanträge
- Schwere Beleidigungen
- Ehewidriges Verhalten
- Gründung eines Konkurrenzunternehmens
2. Verarmung des Schenkers
Gemäß § 528 Absatz 1 kann die Schenkung zurückgefordert werden, soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm gegenüber seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner die gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.
Die Rückgabe des Geschenkes kann dadurch abgewendet werden, dass er dem Schenker die ihm notwendigen Mittel zur Verfügung stellt, um seine finanzielle Misere auszubessern. Immer häufiger greifen auch Sozialhilfeträger auf dieses Rückforderungsrecht zurück. Aufgrund des Nachrangs der Sozialhilfe ermöglicht das Sozialrecht eine entsprechende Überleitung des Anspruchs.
Der Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers ist gemäß § 529 Absatz 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
3. Wegfall der Geschäftsgrundlage
Soweit keiner der vorgenannten gesetzlichen oder vertraglichen Rückforderungsrechte einschlägig sein sollte, ist das Prinzip des Wegfalls der Geschäftsgrundlage von hoher Bedeutung. Dieses Konzept ist Teil des Prinzips von Treu und Glauben und findet in § 313 BGB seinen rechtlichen Rahmen.
In Bezug auf eine Schenkung definiert der BGH die Geschäftsgrundlage als die gemeinsamen Vorstellungen von Schenker und dem Beschenkten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, die jedoch nicht zum Vertragsinhalt geworden sind.
Eine Rückforderung aus einem solchen Grund wurde in der Rechtsprechung bislang insbesondere bei Zuwendungen zwischen Eheleuten, Verlobten und Lebensgefährten angenommen.
Auch eine Rückforderung aufgrund von Zweckverfehlung kommt in Betracht. Gemäß den Grundsätzen des Bereicherungsrechts ist jemand, der ein Geschenk von einem anderen erhalten hat, zur Herausgabe verpflichtet, wenn der mit der Schenkung beabsichtigte Erfolg nicht eintritt. Eine Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer Zweckvereinbarung.
In der Praxis ist es nicht ungewöhnlich, dass Eltern nicht nur ihren Kindern, sondern auch ihren Ehepartnern Schenkungen machen. Sollte es zu einer Trennung oder Scheidung kommen, wünschen sich die Schwiegereltern häufig, die Schenkung rückgängig zu machen. In seinem Urteil vom 3.02.2010 hat der BGH die Möglichkeit eröffnet, die Schenkung an das Schwiegerkind zu widerrufen, wenn bei der Schenkung ausdrücklich in Betracht gezogen wurde, dass die Ehe in der Zukunft scheitern könnte und das Schwiegerkind über die Zweckvorstellung der Schwiegereltern informiert war (Akz.: XII ZR 189/06). Der BGH hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Geschäftsgrundlage einer solchen Schenkung regelmäßig die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen Kind und Schwiegerkind ist und daher das eigene Kind aufgrund dessen in den fortwährenden Genuss der Schenkung kommt.
4. Rückabwicklung trotz Berliner Testament
Speziell im Erbrecht gibt es noch eine Rückabwicklungsmöglichkeit, wenn eine Schenkung trotz des Bestehens eines Berliner Testaments vorgenommen wurde.
Gemäß § 2287 BGB analog kann der Vertragserbe die Schenkung zurückverlangen, wenn der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen eine Schenkung macht. Dies betrifft im Falle eines Berliner Testaments den eingesetzten Schlusserben beziehungsweise das zuletzt erbende Kind.
Wann ist die Schenkung ausgeschlossen?
Auch im Falle des groben Undanks ist der Widerruf der Schenkung gemäß § 532 S. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten seine Verfehlung verziehen hat. Für die Annahme einer Verzeihung muss der Schenker ein Verhalten zeigen, aus dem geschlossen werden kann, dass er das Verhalten des Beschenkten nicht mehr als Kränkung empfindet.
Zudem ist ein Widerruf ausgeschlossen, wenn seit dem Zeitpunkt, in dem der Schenker von dem Grund für den Widerruf Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Ein Widerruf ist ebenfalls nicht möglich, wenn der Beschenkte verstorben ist. Somit kann der Anspruch auf Rückgabe auch nicht gegen die Erben geltend gemacht werden.
Bei Pflicht- oder Anstandsschenkungen kommt ein Widerruf gemäß § 534 BGB nicht in Betracht.
Wann verjährt der Anspruch auf Rückgabe?
Wie bereits oben erwähnt, ist der Anspruch auf Herausgabe des geschenkten Gegenstandes gemäß § 529 Absatz 1 BGB ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit des Schenkers seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
Die 10-Jahres-Frist beginnt ab dem Zeitpunkt der Vollziehung der Schenkung. Bezüglich einer Immobilienschenkung hat der BGH in seinem Urteil vom 19. Juli 2011 (Akz.: X ZR 140/10) festgestellt, dass dies bereits der Fall ist, wenn der Beschenkte einen Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt gestellt hat, basierend auf einem ordnungsgemäßen Schenkungsvertrag und der Auflassung.
Für die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung gilt die übliche Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Der Beginn der Verjährung ist der Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Schenker von den Umständen erfährt, die ihn zum Widerruf berechtigen. Dies gilt auch, wenn der Schenker diese Umstände hätte erkennen müssen, jedoch auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen nicht erlangt hat.