Vorerbschaft und Nacherbschaft

Hat der Erblasser angeordnet, dass eine bestimmte Person Vorerbe sein soll, so gibt es immer auch einen Nacherben. Wo ein Nacherbe ist, gibt es auch einen Vorerben. Vorerbschaft und Nacherbschaft sind untrennbar mit einander verbunden. Der Vorerbe ist zwar eine „richtiger“ Erbe, jedoch nur auf Zeit. Im Nacherbfall, häufig bei Tod des Vorerben, fällt der Nachlass des Erblassers an den Nacherben.

Nacherbe oder Schlusserbe?

Ist in einem Testament verfügt, dass eine bestimmte Person erst nach einer anderen Person Erbe sein soll, ist nicht immer klar, ob damit die Einsetzung als Nacherbe oder als Schlusserbe gewollt ist. Rechtlich ist dies ein großer Unterschied. Die Frage stellt sich oft im Rahmen der Auslegung gemeinschaftlicher Ehegattentestamente. Ehegatten setzen sich häufig gegenseitig zunächst als Alleinerben ein und bestimmen zudem, dass die (gemeinsamen) Kinder das Vermögen nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten erhalt erhalten sollen. Damit ist aber immer noch nicht geklärt, ob der überlebende Ehegatte Vollerbe sein soll und das Vermögen des zuerst versterbenden Ehegatten ohne Trennung und Beschränkung auf den überlebenden Ehegatten übergehen soll (so genannte „Einheits-Lösung“) oder ob der überlebende Ehegatte nur Vorerbe sein soll und das Vermögen des zuerst versterbenden Ehegatten zwar auf den Vorerben übergeht, aber von seinem eigenen Vermögen zu separieren ist und ein Sondervermögen bildet (so genannte „Trennungs-Lösung“).

Bei der Einheits-Lösung werden die Kinder nicht die Erben des zuerst versterbenden Ehegatten, sondern nur Erben des zuletzt versterbenden Ehegatten. Rechtlich betrachtet, werden die Kinder im ersten Erbfall also enterbt. Für den zweiten Erbfall, in dem die Kinder den überlebenden Ehegatten beerben, spricht man von „Schlusserben“. Der überlebende Ehegatte wird bei der Einheits-Lösung Vollerbe und erhält beim Ableben die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über den Nachlass, den er auch ohne weiteres für sich verbrauchen kann. Die Schluss-Erben haben keine Kontrolle über den Nachlass, der vollständig in das Vermögen des überlebenden Ehegatten übergeht.

Bei der so genannten Trennungs-Lösung hingegen werden die Kinder beim Tod des länger lebenden Ehegatten auch Erben des zuerst verstorbenen Ehegatten, nur eben zeitlich später. Sie werden zudem hinsichtlich des Eigenvermögens des länger lebenden Ehegatten auch dessen Erben. In diesem Fall ist der länger lebende Ehegatte nur Vorerbe. Die Kinder sind hinsichtlich des Vermögens des zuerst verstorbenen Ehegatten Nacherben und hinsichtlich des Vermögens des länger lebenden Ehegatten Vollerben. Bei der Trennungslösung erben die Kinder beim Ableben des länger lebenden Elternteils also zwei verschiedene Vermögensmassen - auch wenn der Todesfall des zuerst verstorbenen Elternteils schon lange zurückliegt.

 

Darstellung Einheits-Lösung

 

Kann der Vorerbe über den Nachlass frei verfügen?

Grundsätzlich ist der Vorerbe berechtigt, über die einzelnen Nachlassgegenstände zu verfügen, diese also zu verkaufen, das Eigentum zu übertragen, Forderungen abzutreten, etc.

Die gesetzlichen Regelungen beschränken den Vorerben allerdings in seiner Verfügungsbefugnis. Die beiden wichtigsten Beschränkungen sind das Verfügungsverbot über Grundstücke und das Schenkungsverbot.
Gemäß § 2113 Abs. 1 BGB sind Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder Recht an einem Grundstück oder über ein zur Erbschaft gehörendes eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Man spricht insofern von einem Verfügungsverbot über Grundstücke. Dies ist rechtlich nicht ganz zutreffend, weil die Verfügung zwar möglich bleibt, diese aber bei Eintritt des Nacherbfalls rückwirkend unwirksam wird. In der Praxis ist bei Eintragung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch eine Veräußerung ohne Zustimmung des Nacherben aber defacto nicht realistisch.

Gemäß § 2113 Abs. 2 BGB sind auch schenkweise Übertragungen von Erbschaftsgegenständen im Nacherbfall unwirksam. Betroffen sind nicht nur Grundstücke, sondern Nachlassgegenstände jeglicher Art (z.B. auch bewegliche Sachen). Man spricht insofern von einem Schenkungsverbot.

Was ist ein befreiter Vorerbe?

Der Erblasser kann den Vorerben von den Beschränkungen und Verpflichtungen, die das Gesetz ihm auferlegt, teilweise befreien.

Es gibt nicht die eine Variante des befreiten Vorerbens. Vielmehr ist danach zu fragen, von welchen Beschränkungen der Erblasser den Vorerben konkret befreit hat. So ist es denkbar, dass der Erblasser den Vorerben zwar von der Verpflichtung befreit hat, Geld mündelsicher anzulegen, der Vorerbe aber weiterhin dem Grundstücksverfügungsverbot unterliegt. Ob der Vorerbe überhaupt befreit ist und wie weit die Befreiung von den gesetzlichen Beschränkungen gewollt ist oder nicht, kann häufig nur durch eine genaue Auslegung der letztwilligen Verfügung geklärt werden. Allein die Bezeichnung des Vorerben als „Alleinerbe“ bedeutet noch nicht unbedingt eine Befreiung, weil auch der nicht befreite Vorerbe Alleinerbe der Erbschaft auf Zeit sein kann. Bleibt es zwischen dem Vorerbe und den Nacherben streitig, ob bzw. wie weit der Vorerbe von den gesetzlichen Verpflichtungen befreit ist, kann dies durch eine Feststellungsklage geklärt werden.

Die Befreiungsmöglichkeit bezieht sich nicht nur auf Beschränkungen der Verfügungsbefugnis, wie z.B. das so genannte Verfügungsverbot über Grundstücke, sondern auch auf andere Verpflichtung wie z.B. zur ordnungsgemäßen Verwaltung, zur mündelsicheren Geldanlage, zur Rechnungslegung etc.

Von folgenden Verpflichtungen und Beschränkungen kann der Vorerbe vom Erblasser befreit werden:
- vom Verfügungsverbot über Grundstücke (§ 2113 Abs. 1 BGB),
- von der Hinterlegungspflicht bei Verfügungen über Grundschulden, Hypothekenforderungen oder Rentenschulden (§ 2114 BGB),
- von der Hinterlegungspflicht bei Veräußerung von Wertpapieren (§ 2116 BGB),
- von der Verpflichtung Geld mündelsicher anzulegen (§ 2119 BGB),
- von der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2130 Abs. 1 BGB),
- von der Verpflichtung zur Rechnungslegung (§ 2130 Abs. 2 BGB),
- von der Haftung gemäß § 2131 BGB,
- von der Verpflichtung zum Wertersatz (§ 2134 BGB).

Kann der Vorerbe von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit werden?

Dies ist nicht möglich. Selbst der Erblasser kann den Vorerben nicht von der Verpflichtung befreien, ein Nachlassverzeichnis zu errichten. Der Vorerbe unterliegt auch immer einem Schenkungsverbot. Auch bei weitestgehender Befreiung des Vorerben bleibt es bei dem Prinzip, dass dasjenige, was an die Stelle von Nachlassgegenständen tritt, wieder zum Nachlass gehört (Prinzip der dringlichen Surrogation). Verkauft der befreite Vorerbe also einen Gegenstand, der zum Nachlass gehört, so gehört der Verkaufserlös auch wieder zum Nachlass. Ferner gilt auch beim befreiten Vorerben die Vollstreckungsbeschränkung. Zwangsweise Verfügungen durch eigene Gläubiger des (befreiten) Vorerben sind im Falle des Eintritts des Nacherbfalls dem Nacherben gegenüber unwirksam.

Darf der Vorerbe das Nachlassvermögen verbrauchen?

Von der Verfügungsbefugnis zu unterscheiden ist die Frage, ob der Vorerbe den Nachlass verbrauchen darf. Grundsätzlich stehen dem Vorerben nur die Nutzungen des Nachlasses zu. Immobilien kann der Vorerbe vermieten und die Mieteinnahmen behalten. Barvermögen und Kontoguthaben kann der Vorerbe anlegen und die Zinserträge für sich behalten. Der Vorerbe kann also grundsätzlich nur die Zinsen aus dem Nachlassvermögen verwenden. Zwar hat der Vorerbe das Verfügungsrecht über Bankkonten und Depots und kann deshalb die Bank anweisen, Gelder auszuzahlen oder zu übertragen (siehe oben). Grundsätzlich darf der Vorerbe aber den Vermögensstamm nicht verbrauchen. Dies gilt auch für Barvermögen und Kontoguthaben. Veräußert er einzelne Nachlassgegenstände wie z.B. einen PKW, so fällt der erhaltene Kaufpreis wieder in den Nachlass. Den Verkaufserlös kann der Vorerbe also nicht für sich verbrauchen, sondern muss das für den Nachlassgegenstand erhaltene Geld wieder von seinem eigenen Vermögen separieren und kann lediglich die gegebenenfalls mit der Anlage des Geldes erwirtschafteten Zinsen für sich selbst verbrauchen. Das gleiche gilt, wenn der Vorerbe mit Zustimmung des Nacherben eine Immobilie veräußert (siehe oben zur Verfügungsbefugnis). Er kann den Verkaufserlös nicht für sich verwenden. Er kann diesen nur gewinnbringend anlegen und ggf. die Zinserträge für sich verwenden und verbrauchen.

Da der Vorerbe den Nachlass also nur auf Zeit zur Nutzung erhält und der Nachlass im Nacherbenfall nicht an die Erben des Vorerben, sondern an die Nacherben fällt, ist der Vorerbe verpflichtet, den Nachlass in seiner Substanz zu erhalten, wenn er von dieser Verpflichtung nicht vom Erblasser befreit ist. Dem entspricht, dass der Vorerbe nach § 2130 BGB verpflichtet ist, nach dem Eintritt der Nacherbfolge dem Nacherben die Erbschaft in dem Zustand herauszugeben, der sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsgemäßen Verwaltung ergibt. Hieraus leiten sich die Verpflichtungen des Vorerben ab, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und die gewöhnlichen Erhaltungskosten zu tragen (§ 2124 Abs. 1 BGB). Im Gesetz ist zwar davon die Rede, dass der Vorerbe verpflichtet ist, die Erbschaft an den Nacherben herauszugeben. Da der Nacherbfall in vielen Fällen aber mit dem Tod des Vorerben eintritt, trifft die Verpflichtung zur Herausgabe der Erbschaft in diesen Fällen die Erben des Vorerben.

Kann der Erblasser dem Vorerben erlauben, auch den Vermögensstamm für sich zu verbrauchen?

Die Einschränkung des Vorerben, die Substanz des Nachlasses nicht zu verbrauchen, leitet sich aus den Regelungen des § 2130 BGB und § 2134 BGB ab. Nach § 2130 BGB hat der Vorerbe die Erbschaft bei Eintritt der Nacherbschaft in dem ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Zustand an den Nacherben herauszugeben. Hat der Vorerbe z.B. Geld, Bankguthaben oder andere Nachlassgegenstände für sich selbst verbraucht, so ist er gemäß § 2134 BGB zum Ersatz verpflichtet (Da der Nacherbfall meistens mit dem Tod des Vorerben eintritt, treffen die Verpflichtungen meist die Erben des Vorerben). Der Erblasser kann den Vorerben gemäß § 2316 BGB aber auch von den Verpflichtungen nach §§ 2130, 2134 befreien. Ist der Vorerbe auch insoweit befreit, so ist er eben nicht verpflichtet, die Substanz des Nachlasses zu erhalten und an den Nacherben entsprechend ordnungsgemäßer Verwaltung herauszugeben. Hat er Gelder für sich selbst verwendet, z.B. wegen seines aufwändigen Lebensstils, so ist der insofern vom Erblasser befreite Vorerbe eben nicht zum Ersatz verpflichtet. Ist er mit Nachlassgegenständen nicht sorgsam umgegangen, so erhält der Nacherbe sie eben in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand. Der Erblasser kann den Vorerben also auch diesbezüglich befreien und ihm erlauben, den Vermögensstamm für sich zu verbrauchen. Nur Schenkungen bleiben auch dem befreiten Vorerben verboten, in dem Sinne, dass schenkweise Verfügungen bei Eintritt des Nacherbfalls rückwirkend unwirksam sind – vorbehaltlich gutgläubigen Erwerbs.

Welche Kontrollrechte haben die Nacherben?

Verletzt der Vorerbe im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses seine Pflichten, so führt dies zur Haftung gegenüber dem Nacherben. Es ist denkbar, dass der Nacherbe erst nach dem Eintritt der Nacherbschaft - häufig also erst nach dem Tod des Vorerben - feststellt, dass der Vorerbe den Nachlass pflichtwidrig verwaltet hat. Die Haftung für die pflichtwidrige Verwaltung des Nachlasses trifft dann unter Umständen die Erben des Vorerben.

Der Nacherbe sollte aber nicht erst nach dem Eintritt der nach Erbschaft untersuchen, ob der Vorerbe den Nachlass richtig verwaltet hat. Schon vorher hat der Nacherbe bedeutsame Rechte und kann den Vorerben kontrollieren. Hierzu hat der Nacherbe zunächst den Anspruch, dass der Vorerbe ihm ein Nachlassverzeichnis vorlegt (§ 2121 BGB).

Der Nacherbe kann auch die Feststellung des Zustands der Erbschaft durch einen Sachverständigen (2122 BGB) verlangen.

Erkennt der Nacherbe noch vor dem Eintritt der Nacherbschaft, dass der Vorerbe den Nachlass nicht richtig verwaltet, kann er unter Umständen Sicherheitsleistung und sogar die Bestellung eines gerichtlichen Verwalters verlangen (§§ 2127-2129 BGB).

Haftet der Nachlass für eigene Verbindlichkeiten des Vorerben?

In der Hand des Vorerben bildet der Nachlass ein Sondervermögen. Der Vorerbe hat sein eigenes Vermögen von dem Nachlass getrennt zu halten, denn nach Eintritt des Nacherbfalls soll das Sondervermögen an den Nacherben fallen. Diese Trennung zwischen Eigenvermögen des Vorerben und dem Nachlass erfordert einen Schutz des Nachlasses vor Gläubigern des Vorerben. Die Gläubiger des Vorerben sind keine Nachlassgläubiger.

Setzt der Vorerbe jedoch Nachlassvermögen ein, um seine Gläubiger zu befriedigen, also eigene Verbindlichkeiten zu begleichen, so kann ein Gläubiger später unter Umständen aber nicht vom Nacherben in Regress genommen werden. Hier greifen insofern die Vorschriften über den Gutglaubensschutz. Ein Gläubiger des Vorerben kann ja meistens nicht wissen, ob der Vorerbe seine eigenen Schulden mit dem Sondervermögen des Nachlasses oder mit seinem eigenen Vermögen bezahlt.

Bei Immobilien entfällt die Möglichkeit zum gutgläubigen Erwerb meist dadurch, dass im Grundbuch gemäß § 51 GBO von Amts wegen ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen wird. Dies bewirkt zwar keine Grundbuchsperre, ein Erwerb des Vorerben scheitert aber regelmäßig an § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Hat ein Gläubiger des Vorerben gegen diesen wegen eigener Schulden des Vorerben einen Vollstreckungstitel erwirkt und versucht der Gläubiger des Vorerben nicht nur in das Eigenvermögen des Vorerben, sondern auch in einen Gegenstand zu vollstrecken, der zum Sondervermögen des Nachlasses gehört, so kann der Nacherbe im Rahmen der Vollstreckung Widerspruchsklage nach 773 ZPO erheben und so die Verwertung der Nachlassgegenstände verhindern.

Der von der Nacherbschaft erfasste Nachlass haftet also nicht für die eigenen Verbindlichkeiten des Vorerben. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Verbindlichkeiten schon vor dem Anfall der Erbschaft entstanden sind oder während der Verwaltung des Nachlasses durch den Vorerben erst begründet werden. Verarmt der Vorerbe, zum Beispiel weil er in ein Pflegeheim muss und die Pflegekosten aus seinem eigenen Vermögen und seinen Einkünften nicht getragen werden können, muss der Vorerbe nicht auf den Nachlass zugreifen. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Eigengläubigern des Vorerben sind mit Eintritt des Nacherbfalls insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen (2113, 2115 BGB).

Kann der Vorerbe auch den Pflichtteil und als Ehegatte ggf. einen Zugewinn fordern?

Wenn der Vorerbe die (Vor-)Erbschaft annimmt, kann er den Pflichtteil nicht fordern. Der Pflichtteilsanspruch setzt zudem voraus, dass der Berechtigte ohne die letztwillige Verfügung gesetzlicher Erbe geworden wäre und zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört. Pflichtteilsberechtigt sind gemäß § 2303 Abs. 1 BGB Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkelkinder, usw.) und gemäß 2303 Abs 2 BGB der Ehegatte des Erblassers und die Eltern des Erblassers. Ferner kommt ein Pflichtteilsanspruch nicht in Frage, wenn der Berechtigte tatsächlich Erbe geworden ist. Der Vorerbe ist ein Erbe und daher nicht pflichtteilsberechtigt, wenn er die Erbschaft annimmt. Will der als Vorerbe eingesetzte Berechtigte seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, so muss er die Erbschaft ausschlagen. Hier kommt eine weitere Besonderheit hinzu: Grundsätzlich wird nämlich derjenige der eine Erbschaft ausschlägt, nicht pflichtteilsberechtigt. Hiervon gibt es aber gesetzliche Ausnahmen: Ein Pflichtteilsberechtigter, der zwar als Erbe eingesetzt ist, aber dennoch bestimmen Beschränkungen unterliegt, kann das Erbe ohne Verlust des Pflichtteilsanspruchs ausschlagen. Eine solche Beschränkung ist die Belastung mit einer Nacherbschaft. So bestimmt § 2306 Abs. 1 BGB ausdrücklich, dass ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter, der durch die Einsetzung eines Nacherben beschränkt ist, den Pflichtteil verlangen kann, wenn er die Erbschaft ausschlägt. Für den Ehegatten des Erblassers als Pflichtteilsberechtigter besteht die Besonderheit, dass dieser unabhängig von einer Beschwerung die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil fordern kann (§ 1371 Abs. 3 BGB).

Ist der Vorerbe zudem mit einem Vermächtnis bedacht, ist zu beachten, dass der mit einem Vermächtnis bedachte Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil nur dann in voller Höhe verlangen, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. Nimmt er das Vermächtnis hingegen an und ist es geringer als der Pflichtteil, kann er lediglich den Restpflichtteil verlangen (§ 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Schlägt der Ehegatte des Erblassers die Erbschaft aus, kann er neben dem Pflichtteil zudem seinen Zugewinnausgleichsanspruch geltend machen, sofern die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. War der Ehegatte zudem mit einem Vermächtnis bedacht worden, muss der Ehegatte beachten, dass er, um den Zugewinn geltend machen zu können, nicht nur das Erbe, sondern auch das Vermächtnis ausschlägt (§ 1371 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB).

Die Frist für die Ausschlagung beträgt gemäß § 1944 Abs. 1 BGB nur 6 Wochen. Die Frist beginnt jedoch nicht vor Die Frist beginnt jedoch gemäß § 1944 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht.

Glossar