Müssen Veräußerungsgewinne bei geerbten oder im Wege der Schenkung erhaltenen Grundstücken (Immobilien, Eigentumswohnungen, Erbbaurechten) in Deutschland versteuert werden?
Veräußern Sie Grundstücke, die Sie geerbt oder im Wege der Schenkung erhalten haben, stellt sich die Frage, ob ein seit der Anschaffung des Grundstücks erzielter Veräußerungsgewinn zu versteuern ist.
Nicht steuerpflichtig sind nach § 23 Abs. 1 Satz 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) Immobilien, die im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
Nicht steuerpflichtig sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 zudem Veräußerungsgewinne, wenn die Anschaffung mehr als zehn Jahre zurückliegt („Spekulationsfrist“).
Wann beginnt die zehnjährige Spekulationsfrist im Falle der Erbschaft oder Schenkung zu laufen?
Anschaffung ist ein entgeltlicher Erwerb des Grundstücks von einem Dritten, entweder gegen Barzahlung oder als Immobilientauschgeschäft. Nur wenn Sie Anschaffungskosten hatten, müssen Sie später auf einen eventuellen Veräußerungsgewinn Steuern zahlen. Damit gilt eine Immobilie, die Sie geerbt oder geschenkt bekommen haben, nicht in diesem Sinne als angeschafft. Die 10-jährige Spekulationsfrist läuft damit nicht erst ab dem Zeitpunkt, in dem Sie die Immobilie geerbt oder geschenkt erhalten haben. Vielmehr übernehmen Sie im Falle der Erbschaft oder Schenkung die Spekulationsfrist vom Erblasser bzw. Schenker. Das bedeutet zum Beispiel: Hatte der Erblasser eine vermietete Immobilie vor über 10 Jahren angeschafft, sind Sie bei einem Verkauf von der Spekulationssteuer befreit. Hatte der Erblasser die vermietete Immobilie vor dem Erbfall oder vor dem Zeitpunkt der Schenkung erst vor z.B. 5 Jahren angeschafft, übernehmen Sie diesen Fristlauf und müssen dann selbst noch 5 Jahre warten bevor Sie die Immobilie einkommensteuerfrei veräußern können.
Beginnt die Spekulationsfrist von neuem zu laufen, wenn ein Miterbe den Erbteil von einem anderen Miterben käuflich erwirbt?
Erwirbt ein Miterbe entgeltlich den Erbteil eines anderen Miterben, hat er insoweit Anschaffungskosten für das Nachlass-Grundstück. Ein Veräußerungsgewinn innerhalb der Spekulationsfrist seit Erwerb des Erbteils ist dann steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 20.4.2004, Az. IX R 5/02, BStBl. 2004 II S. 987). Ein Beispiel: Nach dem Tod der Mutter werden die Kinder A und B je zur Hälfte Erben. Zum Erbe gehört eine Immobilie, die die Mutter schon vor über 10 Jahren angeschafft hatte. Verkaufen die Kinder die Immobilie gemeinsam an einen fremden Dritten, wird die Besitzzeit der Mutter angerechnet. Es läge kein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor. Kauft Kind A dagegen den hälftigen Erbanteil von Kind B ab und veräußert anschließend die Immobilie, gilt Folgendes: Für Kind B löst der Verkauf des Erbteils keinen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn aus. In Höhe seiner eigenen Erbquote (50 Prozent) übernimmt auch Kind A bei einem Weiterverkauf die Besitzzeit der Mutter. Für den hinzugekauften Teil beginnt aber eine neue Zehn-Jahres-Spekulationsfrist. Verkauft Kind A die Immobilie ohne erneut 10 Jahre zu warten, liegt hinsichtlich der Hälfte der Immobilie ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor.
Beginnt die Spekulationsfrist von neuem zu laufen, wenn die Miterben im Wege der Realteilung im Rahmen der Erbauseinandersetzung vereinbaren, dass die im Nachlass befindliche Immobilie an einen Miterben übertragen wird?
Wird im Rahmen einer Erbauseinandersetzung das Vermögen real geteilt und erhält ein Erbe wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht und zahlt er hierfür an den anderen Miterben einen finanziellen Ausgleich, so ist der Vermögensübergang zumindest teilentgeltlich. Insoweit liegt dann beim erwerbenden Miterben ein Anschaffungsvorgang vor. Nur der insoweit entgeltlich erworbene Teil der Immobilie unterliegt dann der Spekulationssteuer, sofern mit der Weiterveräußerung nicht erneut mehr als 10 Jahre abgewartet wird.
Unterliegt auch der Veräußerungsgewinn in Bezug auf im Ausland befindliche Immobilien der Spekulationssteuer?
Auch Veräußerungsgewinne in Bezug auf im Ausland befindliche Immobilien sind bei in Deutschland unbeschränkt einkommenssteuerpflichtigen Personen relevant. Aufgrund des so genannten Welteinkommensprinzip fallen auch Spekulationsgewinne im Ausland unter § 23 EStG. Dies gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn zwischen Deutschland und dem Staat, in dem sich die Immobilie befindet, kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bzgl. der Einkommenssteuer besteht. Hinsichtlich der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen weisen die von Deutschland abgeschlossenen DBA das Besteuerungsrecht in der Regel dem Staat zu, in dem sich die Immobilie befindet und Deutschland hat den Veräußerungsgewinn insofern steuerfrei zu stellen.