Pflichtteilsprobleme bei der Unternehmensnachfolge

Was Unternehmer bei der Vererbung von Unternehmen und Gesellschaftsanteilen zu beachten ist, wurde bereits in diesem Artikel behandelt. Besonders schwerwiegend werden die Herausforderungen und Probleme, denen sich die nächste Generation des Unternehmensinhabers in Bezug auf Pflichtteilsansprüche gegenübersieht. Die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen kann für das Unternehmen existenzbedrohliche Konsequenzen haben. Die Möglichkeiten zur Gestaltung sind ebenso vielfältig wie die auftretenden Probleme. Neben den Instrumenten des Erbrechts gibt es auch effektive gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, um die Auswirkungen des Pflichtteils zu mildern.

 

Welche Probleme gibt es in Bezug auf den Pflichtteil bei der Unternehmensnachfolge?

Besonders komplex gestaltet sich die Frage nach dem tatsächlichen Wert des Unternehmens, der zur Berechnung des Pflichtteils herangezogen werden soll. Im Unterschied zu börsennotierten Aktiengesellschaften, bei denen der Wert leicht zu ermitteln ist, ist dies bei kleinen und mittelständischen Unternehmen komplizierter. Pflichtteilsberechtigte haben Anspruch auf eine Wertermittlung und können vom Erben ein Gutachten von einem Sachverständigen verlangen. Hierbei kann es zu Diskussionen über die geeignete Methode zur Wertermittlung für den Pflichtteil kommen.

 

Wie kann man Pflichtteilsprobleme umgehen?

 

1. Pflichtteilsverzicht

Im Kontext der Unternehmensnachfolge ist das effektivste Gestaltungsinstrument zweifellos der Verzicht auf den Pflichtteil. Durch den Pflichtteilverzicht erhält der Unternehmer uneingeschränkte Testierfreiheit.

Ein solcher Pflichtteilsverzicht erfordert eine rechtzeitige Planung und setzt voraus, dass der betroffene Angehörige überhaupt (noch) dazu bereit ist, Verhandlungen am Familientisch zu führen. Natürlich ist ein Pflichtteilsverzicht nicht ohne Gegengabe zu haben. Die Beteiligten müssen sich auf eine Kompensation einigen. Das könnte beispielsweise die sofortige Auszahlung einer finanziellen Abfindung sein oder auch die testamentarische Zuweisung des persönlichen Vermögens des Unternehmers.

Bei einem Pflichtteilsverzicht spielen sowohl persönliche Befindlichkeiten und zwischenmenschliche Beziehungen in der Familie als auch die Zusammensetzung des Vermögens und die Liquidität des Erblassers eine entscheidende Rolle. Daher ist es essenziell, die individuellen Interessen sowie die wirtschaftlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten sorgfältig zu prüfen, wenn man eine Vereinbarung über einen Pflichtteilsverzicht ausarbeiten möchte.

 

2. Schenkungen

Sollte ein Pflichtteilsverzicht nicht möglich sein, kann ein Unternehmer versuchen, das Pflichtteilsrecht des Angehörigen durch lebzeitige Schenkungen zu umgehen. Zu diesem Zweck werden oftmals Unternehmensanteile vorzeitig auf den ausgewählten Nachfolger übertragen. Hierbei sind jedoch mehrere Aspekte zu beachten.

Zum einen ist zu beachten, dass bei Schenkungen an einen Dritten durch den Erblasser der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen kann, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand, in diesem Fall der Gesellschaftsanteil, dem Nachlass hinzugerechnet wird. Jedoch wird gemäß § 2325 Absatz 3 BGB die Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang berücksichtigt und danach um jeweils ein Zehntel weniger. Es ist besonders wichtig zu betonen, dass die Schenkung nicht angerechnet wird, wenn zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind. Daher ist es dringend Unternehmern zu empfehlen, sich frühzeitig um die Nachlassplanung zu kümmern und geplante Schenkungen frühestmöglich zu vollziehen.

Ein verbreiteter und weitreichender Fehler bei der Planung der Reduzierung des Pflichtteils ist die Festlegung eines Nießbrauchs. Tatsächlich beginnt die oben erwähnte 10-Jahres-Frist erst gar nicht zu laufen, wenn der Schenker dadurch keine wirtschaftliche Einbuße erleidet. Ein Nießbrauchsvorbehalt an einer Immobilie oder einem Unternehmensanteil stellt daher in der Regel ein Hindernis für die Pflichtteilsreduzierung dar.

Zudem ist es wichtig, rechtliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Unternehmer durch die neuen Gesellschafter nicht in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt wird und weiterhin die Kontrolle behält. Aus diesem Grund sollten im Schenkungsvertrag Rückforderungsrechte festgelegt und der Gesellschaftsvertrag zugunsten des Unternehmens angepasst werden, um dies sicherzustellen.

Auch steuerliche Vorteile kann eine frühzeitige Schenkung mit sich bringen. Für Erbschaft- und Schenkungsteuer steht der persönliche Freibetrag alle zehn Jahre zur Verfügung und beträgt beispielsweise für Kinder 400.000 Euro.

 

3. Gebundenes Zweckvermögen ohne Abfindung

Zudem bietet auch das Gesellschaftsrecht eine besondere Möglichkeit, um Pflichtteile bei Unternehmensnachfolge zu mindern. Unter Umständen kann bei der vorzeitigen Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft keine schenkungssteuerrelevante Schenkung vorliegen, selbst wenn der neu eintretende Gesellschafter keine Kapitaleinlage leistet. Dies wird hauptsächlich mit der persönlichen Haftung begründet, die übernommen wird, sowie den übrigen gesellschaftsrechtlichen Pflichten, wie etwa der Bereitstellung von Arbeitsleistung. Dies gilt auch, wenn der Anspruch auf Abfindung im Todesfall gesellschaftsvertraglich auf 0 Euro festgelegt wurde.

Anders ist die Rechtslage bei Gesellschaften, deren Ziel die Verwaltung des privaten Vermögens innerhalb der Familie ist, keine relevanten Haftungsrisiken bestehen und keine Absicht zur Fortführung des Unternehmens durch die Gesellschaft im Todesfall besteht. Dies wird hauptsächlich mit der persönlichen Haftung begründet, die übernommen wird, sowie den übrigen gesellschaftsrechtlichen Pflichten, wie etwa der Bereitstellung von Arbeitsleistung. Dies gilt auch, wenn der Anspruch auf Abfindung im Todesfall gesellschaftsvertraglich auf 0 Euro festgelegt wurde.

 

Es hängt also von der spezifischen Struktur, dem Zweck und dem Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft ab, um zu bestimmen, inwieweit pflichtteilsreduzierende Maßnahmen durch das Gesellschaftsrecht möglich sind.

 

Glossar