Pflichtteilsverzichtverträge

 

Pflichtteilsansprüche können in manchen Fällen zu hohen finanziellen Belastungen für die zahlungspflichtigen Erben führen. Um die Belastung für die Erben zu mindern und Streitigkeiten zu vermeiden, bieten sich Pflichtteilsverzichtsverträge zwischen Erblasser und Berechtigten schon zu Lebzeiten an. 

 

Was sind Pflichtteils- und Erbverzichtsverträge?

 

Durch einen Pflichtteilsverzichtsvertrag kann ein Pflichtteilsberechtigter ganz oder teilweise auf seinen Pflichtteil verzichten. Dies hat zur Folge, dass der eigentlich Pflichtteilsberechtigte nach dem Eintreten des Erbfalls seinen Pflichtteil nicht einfordern kann.

 

Wie vereinbare ich einen Verzichtsvertrag?

 

Der Erb-/Pflichtteilsverzicht bedarf der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten. Der Verzichtsvertrag muss notariell beurkundet werden. Nur unter Lebenden kann der Verzicht vereinbart werden.

 

In der Praxis wird ein Verzicht häufig mit einer Gegenleistung verbunden. Der Pflichtteilsberechtigte, der auf seinen Pflcihtteil verzichtet, erhält also eine Art Abfindung. Einen "wahren Wert" kann es dabei nicht geben, denn im Zeitpunkt des Abschlusses des Verzichtsvertrages wird der Zeitpunkt des Erbfalls in der Regel nicht feststehen und häufig auch nicht vorhersehbar sein. Welchen Wert der Nachlass also im Erbfall haben wird, ist unklar. Schwierigkeiten bei der Suche nach einer angemessenen Abfindung ergeben sich auch deshalb, weil der Erblasser häufig nicht bereit ist, umfangreich Auskunft über sein Vermögen zu geben. Aus der Sicht des verzichtenden Pflichtteilsberechtigten ist von Bedeutung, dass kurzfristig liquide Mittel zufließen und der Erbfall nicht abgewartet werden muss. 

Wichtig ist jedoch zu erwähnen, dass ein Pflichtteilsverzicht keine Enterbung darstellt. Trifft der Erblasser etwa keine letztwillige Verfügung und gilt deshlab die gesetzliche Erbfolge, so wird der Pflichtteilsberechtigte Erbe, gleich ob er zu Lebzeiten des Erblassers mit diesem einen Pflichteilsverzicht vereinbart hatte oder nicht. 

 

Welche Gründe gibt es für die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts?

 

  1. Absicherung des überlebenden Ehegatten

Eheleute setzen sich häufig durch ein gemeinschaftliches Testament zum gegenseitigen Alleinerben im Falle des Erstversterbens des Ehepartners ein. Dieses führt dazu, dass die Kinder für den ersten Todesfall enterbt sind und ihren Pflichtteil einfordern können. Um eine solche finanzielle Belastung für den überlebenden Ehegatten zu vermeiden, könnte mit den Kindern einen Pflichtteilsverzicht vereinbart werden.

 

  1. Sicherung der Unternehmensnachfolge

Befindet sich ein Unternehmen im Nachlass, können Auszahlungsansprüche den Erben überfordern. Da die Vermögenswerte eines Unternehmens in der Regel nicht liquide sind, kann die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen dazu führen, dass das Unternehmen unter Umständen verkauft werden muss.

 

  1. Überschuldete Erben

Darüber hinaus kann ein Pflichtteilsverzicht generell das Familienvermögen schützen, wenn der Pflichtteilsberechtigte überschuldet ist oder Sozialleistungen bezieht.

 

  1. Verhinderung eines Familienerbstreits

Besteht ein Zerwürfnis mit einem Kind und wünscht der Erblasser, dieses Kind von der Erbfolge auszuschließen, könnte auch die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts gegen Zahlung einer Abfindung im Interesse des Erblassers sein, um eine Auseinandersetzung zwischen dem enterbten, aber pflichtteilsberechtigten Kind und den Erben zu verhindern. 

 

  1. Bereits geleistete Zuwendungen

Sollte ein Kind bereits zu Lebzeiten des Erblassers großzügige Zuwendungen erhalten haben, kann es hilfreich sein, mit diesem Kind einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren, um eine freie Hand bei der späteren erbrechtlichen Gleichstellung der anderen Kinder zu erreichen. 

 

 

Welche Vor- und Nachteile hat ein Pflichtteilsverzicht?

 

Vorteile

Nachteile

Entlastung des überblendenden Ehegattens

Der verzichtende Pflichtteilsberechtigte hat im Erbfall unter Umständen keinerlei Ansprüche mehr 

Keine Auswirkung auf die gesetzliche Erbfolge

Es ist schwierig, eine angemessene Abfindung als Gegenleistung für den Pflichtteilsverzicht zu finden. 

Keine Erhöhung des Erbquote und des Pflichtteils der anderen

Wird eine Gegenleistung vereinbart, so fließt schon zu Lebzeiten des Erblassers Vermögen ab. 

Erblasser erhält eine weitere Gestaltungsmöglichkeit über seine Erbfolge

 

Zukünftige Streitigkeiten können vermieden werden

 

 

 

Wie wird der Erb-oder Pflichtteilsverzicht steuerrechtlich behandelt?

 

Eine Abtretung durch einen Pflichtteilsberechtigten stellt faktisch keine Schenkung an den Erblasser dar, so dass die Abtretung selbst nicht zu einer Steuerpflicht führt.

 

Anders verhält es sich jedoch, wenn eine Gegenleistung (insbesondere eine Abfindung) vereinbart und ausgezahlt wird. Diese Abfindung unterliegt nicht der Einkommensteuer, sondern der Schenkungsteuer, da sie als „Schenkung zwischen Lebenden“ eingestuft wird. Leistungen und Steuersätze richten sich nach dem Verhältnis des Erblassers zum Pflichtteilsberechtigten. Verzichtet ein Kind gegenüber seinem Elternteil, gilt ein Freibetrag von 400.000 Euro.

Glossar