Digitaler Nachlass
Viele Menschen nutzen zahlreiche soziale Netzwerke wie Instagram, Facebook und Co., um private Einblicke mit ihren Freunden und Followern zu teilen. Verstirbt nun eine Person, fragen sich die Angehörigen, was mit dem Smartphone, den darauf befindlichen Inhalten und den Konten in den sozialen Medien geschieht. Angehörige erhoffen sich nach dem Tod einer geliebten Person durch den Zugriff auf die digitalen Inhalte Informationen und Erinnerungen.
Was gehört zu einem digitalen Nachlass?
Eine einheitliche Definition für den Begriff „digitaler Nachlass“ ist noch nicht vorhanden. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass zu dem digitalen Nachlass eine Vielzahl von Rechtspositionen eines verstorbenen Internetnutzers gehört. Erfasst werden von dem Begriff sowohl Hardware als auch Software des Erblassers. Insbesondere geht es um lokal oder digital abgespeicherte Daten, wie zum Beispiel Fotos, Videos oder E-Mails. Zudem geht es auch um sämtliche Vertragsbeziehungen des verstorbenen Nutzers zu Anbietern digitaler Produkte oder Dienstleistungen, wie Sozialen Netzwerken (Instagram, Facebook, WhatsApp etc.) und auch Cloud-Diensten.
Welche rechtlichen Ansprüche haben Erben auf den digitalen Nachlass?
Grundsätzlich unterliegt der digitale Nachlass der Gesamtrechtsfolge nach § 1922 BGB. Demnach geht nach dem Tode des Erblassers das Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere Personen über. Eine ausdrückliche, gesetzliche Regelung für die Behandlung von digitalen Inhalten in einem Nachlass gibt es nicht.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 12.07.2018 bestätigt, dass auch der Nutzungsvertrag mit einem sozialen Netzwerk vererbbar ist (Az.: III ZR 183/17). In diesem Fall begehrten die Beteiligten, welche Eltern einer 15 Jahre alten Tochter waren, die unter ungeklärten Umständen verstorben ist, Zugang zu dem Facebook-Konto der verstorbenen Tochter zu erhalten. Nachdem sich die vorherigen Instanzen im Hinblick auf die Vererbbarkeit des Kontos uneinig waren, hat der BGH die Vererbbarkeit bestätigt. In seiner Begründung hat er festgestellt, dass in dem Nutzungsvertrag kein höchstpersönlicher Charakter zu sehen ist, der eine Vererbbarkeit ausschließen würde (Rn. 38 ff.). Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht der Erblasserin stand der Vererblichkeit nicht entgegen (Rn. 53).
Somit geht der digitale Nachlass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB auf die Erben über.
Wie erhalte ich einen Zugriff auf den digitalen Nachlass?
Sollten die entsprechenden Zugangsdaten nicht bekannt sein, müssen sich die Erben mit den entsprechenden Anbietern in Verbindung setzen.
Die meisten Anbieter fordern eine entsprechende Legitimation über die Erbenstellung. Am häufigsten werden folgende Dokumente gefordert:
- Kopie der Sterbeurkunde
- Kopie des Erbscheins
- Kopie des Personalausweises des antragenden Erbens
Wie kann ich meinen digitalen Nachlass für den Fall meines Todes regeln?
Möchte man seinen digitalen Nachlass für den Falle des Todes durch ein Testament oder einen Erbvertrag regeln, ist an zwei Konstellationen zu denken:
1. Die Erben sollen keinen Zugriff auf meine Daten erhalten
Der Erblasser kann testamentarisch einen Testamentsvollstrung anordnen und dem Testamentsvollstrecker Anordnungen geben, wie er mit dem digitalen Nachlass umzugehen hat. So kann beispielsweise die Verfügung getroffen werden, bestimmte Daten zu löschen oder Vertragsbeziehungen zu beenden. Hierfür sollte sichergestellt werden, dass der Testamentsvollstrecker die entsprechenden Zugangsdaten erhält.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, eine Auflage im Testament anzuordnen. Diese kann den Inhalt haben, dass die Erben oder Vermächtnisnehmer verpflichtet werden, Dateien zu löschen und/oder Vertragsbeziehungen zu beenden.
2. Die Erben sollen einen Zugriff auf meine Daten erhalten
Wünscht sich der Erblasser, dass im Falle seines Todes seine Erben Zugang zu dem digitalen Nachlass erhalten, sollte er sicherstellen, dass ihnen die entsprechenden Zugangsdaten zur Verfügung stehen. Zudem kann es überaus hilfreich sein, eine Liste mit sämtlichen Accounts und Abos zu hinterlegen.
Der Erblasser hat zunächst die Möglichkeit, die entsprechenden Zugangsdaten in seiner letztwilligen Verfügung von Todes wegen oder Vorsorgevollmacht selbst aufzulisten. Dieses kann jedoch teilweise die Gefahr bergen, dass unberechtigte Dritte, wie beispielweise Rechtspfleger, unter Umständen Kenntnis von den Zugangsdaten nehmen könnten.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, eine digitale Vorsorgeurkunde zu erstellen. Hierbei wird die Liste mit Zugangsdaten verschlüsselt und durch ein Masterpasswort geschützt und beispielsweise auf einem lokalen Datenträger (zum Beispiel auf einer externen Festplatte oder einem USB-Stick) gespeichert. Das Masterpasswort und der Aufbewahrungsort des lokalen Datenträgers müssen den Erben zugänglich gemacht werden.