Erbausschlagung bei geschäftsunfähigem Erben

 

Ist der Erbe nicht geschäftsfähig oder minderjährig kann er die Ausschlagung der Erbschaft nicht selbst erklären. Die Ausschlagung für minderjährige Erben erläutern wir in einem anderen Beitrag. Für eine geschäftsunfähige Person ist die Ausschlagung durch einen Betreuer zu erklären. Eine Ausschlagung durch andere Personen ist nicht möglich, auch nicht, wenn diesen Personen eine Generalvollmacht erteilt wurde.

Ist für den geschäftsunfähigen Erbe kein Betreuer bestellt, so muss zunächst vom Vormundschaftsgeriicht ein Betreuer bestellt werden. Das Gericht bestimmt bei der Bestellung eines Betreuers auch dessen Aufgabenbereich. Für die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung eines Betreuers ist es nämlich erforderlich, dass diese Tätigkeit zu seinem Aufgabenkreis im Sinne von § 1896 Abs. 2 BGB zählt. Nach herrschender Meinung soll auch die Ausschlagung einer Erbschaft zu dem Aufgabenbereich eines Betreuers gehören, wenn ihm der Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ übertragen wurde.

Auch für einen geschäftsunfähigen Erben ist die Ausschlagungfrist zu bachten. Die Ausschlagungsfrist beginnt mit Kenntnis des Erben von dem Anfall der Erbschaft und dem Berufungsgrund, im Falle eines Testamentes nicht vor dessen Bekanntgabe durch das Nachlassgericht (§ 1944 Abs. 2 BGB) zu laufen. Bei einem geschäftsunfähigen Erben kommt es für den Lauf der Frist jedoch nicht auf die Kenntnis des Erben selbst an, sondern es ist die Kenntnis des Betreuers maßgeblich. Es ist allerdings auch möglich, dass ein Betreuer für einen geschäftsfähige Personen bestellt sind. Die Bestellung eines Betreuers setzt also nicht immer die Geschäftsunfähigkeit voraus. In solchen Fällen wird die Ausschlagungsfrist dann bereits durch die Kenntnis des betreuten aber geschäftsfähigen Erben selbst in Gang gesetzt.

Die Ausschlagungserklärung des Betreuers für einen geschäftsunfähigen Erben genügt alleine jedoch nicht für eine wirksame Ausschlagung der Erbschaft. Die Ausschlagungserklärung des Betreuers bedarf gemäß §§ 1822 Nr. 2, 1908i, 1915 BGB zusätzlich der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

Die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Ausschlagung dauert nicht selten einige Monate. Damit stellt sich die Frage, wie das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren mit der kurzen Ausschlagungsfrist in Einklang zu bringen ist. So hat das OLG Brandenburg entschieden, dass der Lauf Ausschlagungsfrist gehemmt wird, solange die Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht nicht erteilt ist, sofern die Genehmigung rechtzeitig, also vor Ablauf der Auschlagungsfrist beantragt wurde, beantragt wurde. Die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens liege nicht in der Hand des Antragstellers. Die Zeit, die seit Einleitung des Genehmigungsverfahrens bis zum Zugang der rechtskräftigen betreuungsgerichtlichen Genehmigung verstreitcht, bleibe gemäß § 209 BGB bei der Berechnung der sechswöchigen Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB außer Betracht. Die Frist laufe nach dem Ende der Hemmung vom Beginn des nächsten Tages aber weiter zu laufen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.04.2014 - 3 W 13/14). Ob es für eine Hemmung der Ausschlagungsfrist neben dem rechtzeitigen Antrag auf Genehmigung auch erforderlich ist, dass die Ausschlagung selbst vor Ablauf der Ausschlagungsfrist erklärt wird, ist nicht klar. Das Saarländische OLG lässt dies in seiner Entscheidung vom 17.02.2011 - 5 W 245/10 offen. Wegen dieser Unklarheit ist dem Betreuer jedoch dringend zu raten, nicht nur den Antrag auf Genehmigung der Ausschlagung rechtzetig zu stellen, sondern auch die Ausschlagungserklärung gegenüber dem Nachlassgericht vor Ablauf der Ausschlagungsfrist abzugeben. 

Die Genehmigung der Ausschlagung durch das Betreuungsgericht kann also nachträglich dem Nachlassgericht vorgelegt werden. Die Genehmigung muss dabei zwar nicht so frühzeitig beantragt werden, dass mit ihrer Erteilung noch innerhalb der nicht gehemmten Ausschlagungsfrist gerechnet werden kann. Der Betreuer muss aber darauf achten, dass die Ausschlagungfrist nach Erteilung der Genehmigung durch das Betreuungsgericht nicht mehr gehemmt ist, also weiterläuft. Es kann also trotz rechtzeitiger Ausschlagungserklärung dennoch zur Fristveräumnis kommen und die Ausschlagung im Ergebnis nicht wirksam sein, wenn der Genehmigungsbeschluss des Betreuungsgerichts dem Nachlassgericht nicht rechtzeitg übermittelt wird. 

Das Betreuungsgericht übermittelt den Genehmigungsbeschluss nicht von sich aus an das Nachlassgericht. Der Betreuer muss deshalb darauf achten, dass er unverzüglich einen Rechtskraftvermerk beantragt. Sodann muss der Betreuer, damit die Ausschlagung wirksam wird, den Genehmigungsbeschluss mit Rechtskraftvermerk dem Nachlassgericht übermitteln. 

Weil das Betreuungsgericht den Genehmigungsbeschluss nicht dem Nachlassgericht, sondern dem Betreuer bekannt gibt, kann dieser nach Erhalt des Genehmigungsbeschlusses noch einmal überdenken, ob die Ausschlagung (immer noch) dem Wohl des geschäftsunfähigen Erben entspricht. Er muss jedoch den Ablauf der Ausschlagungsfrist im Auge behalten. Der Betreuer ist also nicht gezwunden, den Beschluss des Betreuungsgerichts an das Nachlassgericht weiterzuleiten. Allerdings muss die Entscheidung des Betreuers dem Wohl des geschäftsunfähigen Erben entsprechen. Ist der Nachlass etwa überschuldet und schlägt der Betreuer nicht rechtzeitig aus oder regt er nicht rechtzeitig die Genehmigung der Ausschlagung durch das Betreuungsgericht an oder übermittelt er dem Nachlassgericht nicht rechtzeitig den Genehmigungsbeschluss mit Rechtskraftvermerk, so kann sich der Betreuer gegenüber dem betreuten Erben schadensersatzpflichtig machen. 

 

 

 

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